Protest mit Wirkung: 6500 ZFBeschäftigte demonstrierten Ende Juli in Schweinfurt, Auerbach, Thyrnau, Nürnberg und Bayreuth für ihre Zukunft. Und anders als geplant traf der ZF-Aufsichtsrat keine Entscheidung gegen die Zukunft der Division E. Division E ist Herzstück von ZF. Noch sind die Kahlschlagpläne nicht vom Tisch. Das Unternehmen hat nun bis zum 30. September Zeit, mit der IG Metall und den Betriebsräten einen gemeinsamen Weg zu finden. Die Division E ist das Herzstück des Autozulieferers und beinhaltet die komplette Antriebstechnologie für E-Mobilität, Hybrid- und Verbrennungsmotoren. Allein in Bayern arbeiten in der Division E rund 9000 Beschäftigte und damit etwa die Hälfte aller ZF-Beschäftigten in Bayern. Die Antriebssparte muss erhalten bleiben.
IG Metall, Betriebsräte und Beschäftigte fordern ein tragfähiges Konzept zur Beschäftigungs- und Standortsicherung, Investitionen, die Akquise von Zukunftsprojekten und eine neue Preisbildung in Richtung der Autohersteller. Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott sagt: „Unsere Proteste waren nur ein Vorgeschmack darauf, was bevorsteht, wenn die ZF-Spitze doch noch ihre brutalsten Szenarien durchzieht.“

Horst, rund 6500 ZF-Beschäftigte haben in Bayern Ende Juli für ihre Zukunft demonstriert. Du warst in Schweinfurt mit dabei – Deine Bilanz?
Horst Ott: Die Beschäftigten sind sauer angesichts der katastrophalen Fehlentscheidungen des Managements. Und wütend darüber, dass die ZF-Spitze mit Stellenabbau, Verlagerungen und Sparprogrammen droht, statt ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Das haben die Protestierenden nicht nur in Schweinfurt ganz deutlich gezeigt. Und sie haben einen klaren Wirkungstreffer erzielt. Der ZF-Aufsichtsrat hat keine Entscheidung gegen die Zukunft der Division E getroffen. Damit haben wir Zeit gewonnen, bis Ende September einen gemeinsamen Weg mit dem Unternehmen zu finden. Unser klares Ziel: die Antriebssparte innerhalb von ZF zu erhalten, alle Standorte und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern.
Nicht nur ZF, auch Bosch, Schaeffler und viele weitere Unternehmen planen, Stellen zu streichen. Welche Antwort braucht es auf die Krise der Automobil- und Zulieferbranche?
Die Ursachen für die Probleme in den Unternehmen sind ganz unterschiedliche. Klar ist aber: Stellenabbau und Werkschließungen beheben die Krise nicht. Im Gegenteil: Für die Beschäftigten und den Wohlstand in unserem Land sind sie katastrophal. Ebenso Verlagerungen. Wir verlieren damit nicht nur Produkte, sondern auch Know-how. Wenn Entwicklung und Forschung nicht mehr in Deutschland, sondern im Ausland stattfinden, ist der Industriestandort Deutschland irgendwann Geschichte. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz und jede Technologie. Meine Ansage an die Unternehmen: Es braucht ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland und Investitionen in die Zukunft.
Einige wie der bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger sehen in der wachsenden Rüstungsindustrie neue Chancen für Bayerns Industrie. Du auch?
Es wäre nicht nur fatal, wenn Deutschland Investitionen in die Waffenproduktion zum Ersatz für den Aufbau einer zukunftsfähigen Industrie machen würde, sondern auch wirtschaftlicher Unsinn. Vom Volumen her kann die Rüstungsindustrie niemals auffangen, was wir mit der Automobilindustrie verlieren würden. Nur ein Vergleich: Bei BMW München laufen am Tag mehr Fahrzeuge vom Band als beim Rüstungshersteller Renk Getriebe in einem Jahr. Wir fordern von der Politik eine kluge Standortpolitik und den festen Willen, Wertschöpfung im Land zu erhalten und auszubauen.
Mit welchen Maßnahmen?
Wir brauchen zum Beispiel eine Förderung für Unternehmen, die mit gezielten Investitionen in Zukunftsprodukte Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Wir brauchen aber auch Manager, die akzeptieren, dass notwendige Investitionen in die Transformation vorrübergehend zu Gewinnrückgängen führen. Wachstum entsteht nicht durch Abbau, sondern durch Innovation.
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