Debatte über Reformen
„Nicht auf den Rücken der Beschäftigten“

IG Metall Bayern kritisiert Forderungen zur Einschränkung sozialstaatlicher Leistungen und Arbeitnehmerrechten. Bezirksleiter Horst Ott: „Vermögende stärker in die Pflicht nehmen“

27. August 202527. 8. 2025


Mit völligem Unverständnis reagiert die IG Metall auf die jüngsten Vorstöße aus Politik und Wirtschaft zur Einschränkung sozialstaatlicher Leistungen und Arbeitnehmerrechten. Der von Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigte „Herbst der Reformen“ birgt aus Sicht von Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott erhebliche Ungerechtigkeiten und Risiken. Zwar sei eine Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme notwendig, doch dürfe diese nicht auf den Rücken von Beschäftigten und sozial Schwächeren stattfinden. „Wir brauchen Reformen, die den Sozialstaat stärken – nicht abbauen“, betont Horst Ott. „Wer Bürgergeld, Rente und Krankenversicherung zur Disposition stellt, spielt mit dem sozialen Frieden.“

Ott kritisiert, dass bei knapper werdenden öffentlichen Kassen zu oft zuerst bei den arbeitenden Menschen angesetzt werde. „Während über Vermögens- oder Erbschaftssteuern kaum gesprochen wird, greift man schnell in die Taschen der Beschäftigten“, so Ott. Und noch mehr: Diskussionen um die Streichung eines Feiertages, die Einführung eines Karenztages bei Krankheit oder der Angriff auf das Arbeitszeitgesetz – all das setze auch Erholung und Gesundheit der Beschäftigten aufs Spiel.

„Eine Zumutung“ nennt Ott die Idee von DIW-Präsident Marcel Fratzscher, ein verpflichtendes Jahr für Rentnerinnen und Rentner einzuführen. „Das zeugt von mangelndem Respekt gegenüber Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben“, sagt er. „Ehrenamtliches Engagement ist wertvoll – aber es muss freiwillig bleiben. Alles andere ist Unsinn und ignoriert die Lebenswirklichkeit vieler älterer Menschen – gerade auch was ihre Gesundheit betrifft.“ Statt Zwang fordert Ott eine gezielte Förderung des Ehrenamts – unabhängig vom Alter: „Wie wäre es, wenn man das Ehrenamt grundsätzlich besser unterstützt? Etwa durch gesetzliche Qualifizierungsansprüche, Versicherungsschutz oder zusätzliche Rentenpunkte. Möglichkeiten gäbe es viele!“

Statt Jung gegen Alt auszuspielen, fordert Horst Ott, endlich die immer größer werdende Ungleichheit zwischen Arm und Reich in den Blick zu nehmen. „Vermögende müssen stärker in die Pflicht genommen werden, anteilig ihren Beitrag für unseren Sozialstaat zu leisten“, erklärt Ott. Beispiel Rente: Viele Besserverdienende wie Selbstständige, Politiker*innen oder Beamtete bleiben außen vor. Ott: „Zahlen künftig alle Erwerbstätigen in die Rentenversicherung ein, würde sie das langfristig stärken und die Finanzierung auf eine solide Basis stellen.“