Industriearbeitsplätze
IG Metall und DGB Bayern fordern Investitionsschub und Neustart im Dialog

Betriebsrätebefragung zeigt: Abwanderung der Industrie ist im vollen Gange. Ott für Local-Content-Regeln: „Wir erwarten von der Politik, dass sie endlich auch unsere Industriearbeitsplätze schützt.“ Stiedl: „Wer die Zukunft des Industriestandorts sichern will, muss in Menschen investieren.“

6. Oktober 20256. 10. 2025


Abbaupläne in Betrieben, Unsicherheit bei den Beschäftigten und fehlende Antworten aus der Politik: Der Wandel auf Bayerns Arbeitsmarkt spitzt sich zu. Vor diesem Hintergrund warnen IG Metall Bayern und DGB Bayern vor einem „Weiter so“ und fordern von der Staatsregierung einen klaren Kurs: mehr Investitionen in Bildung und Qualifizierung, eine Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik und eine Transformation, die Beschäftigung sichert – im Dialog mit den Sozialpartnern.

Die IG Metall Bayern befürchtet den Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie und ruft die Politik zum Handeln auf. „China und die USA fördern ihre Industrien mit Subventionen, Zöllen und Handelsbeschränkungen, während Deutschland und Europa weiter dem Irrglauben von freien Märkten anhängen. Aber freie Märkte und fairen Wettbewerb gibt es in der Realität längst nicht mehr. Wir erwarten von der Politik, dass sie endlich auch unsere Industriearbeitsplätze schützt“, erklärt Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott. „Die Antwort sind verbindliche Local-Content-Regeln. Wer seine Produkte bei uns verkaufen will, oder wer öffentliche Gelder oder Förderungen bekommt, muss verpflichtet werden, bei uns vor Ort auch in Standorte, Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu investieren.“ Dafür soll die Politik verbindliche Quoten festlegen. Die Bundesregierung müsse jetzt schnell mit bayerischer Einflussnahme vorangehen. Ott ist überzeugt: „Local-Content-Regeln sind der einzige Hebel, der noch funktioniert. Denn die Abwanderung ist im vollen Gange.“

Betriebe verlagern Entwicklung und Zukunftsprodukte

Das belegen auch die Ergebnisse einer aktuellen Befragung von 333 Betriebsräten aus der bayerischen Metall- und Elektroindustrie im Auftrag der IG Metall Bayern. 41 Prozent der Betriebe planen Verlagerungen von Tätigkeiten in der Produktion, ein Drittel der Betriebe will auch Entwicklungsarbeit verlagern. 43 Prozent der Betriebe planen aktuell Verlagerungen von Produkten, über die Hälfte davon (53 Prozent) verlagert auch Zukunftsprodukte. Ott stellt fest: „Die bayerischen Unternehmen verlagern jetzt auch Entwicklung und gerade erst neu eingeführte Zukunftsprodukte. Das heißt: Die Entwicklung und Industrialisierung von Produkten gehen bereits jetzt nach China. Wenn wir diesen Prozess nicht schnell stoppen, werden wir unwiederbringlich industrielle Substanz verlieren.“

Die Befragung zeigt auch, dass viele Betriebe immer noch schlecht auf die anstehenden Veränderungen vorbereitet sind: Ein Viertel der Betriebe hat weiterhin kein zukunftsfähiges Geschäftsmodell, mehr als zwei Drittel der Betriebe haben starke Defizite bei den Themen strategische Personalplanung und Qualifizierung.

Betriebsräte sehen Klimaschutz positiv

Bemerkenswert ist, dass die überwältigende Mehrheit der Betriebsräte positive Wirkungen von Umwelt- und Klimaschutz (69 Prozent) sowie der Digitalisierung von Produkten (77 Prozent) und Prozessen (81 Prozent) auf ihren Betrieb sieht. Ott: „Unsere Betriebsräte sehen Klimaschutz und Digitalisierung längst als Chance für die Zukunft ihres Betriebs. Doch diese Zukunft wird jetzt vielen Beschäftigten durch Verlagerungen weggenommen.“

Konkrete Taten statt wohlmeinende Absichtserklärungen fordert auch Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern: „Allein im verarbeitenden Gewerbe haben wir seit Ende 2023 mehr als 38.000 Arbeitsplätze verloren, landauf landab wird in den Betrieben über Stellenabbau diskutiert – und der Wirtschaftsminister beschränkt sich auf Show-Veranstaltungen. Wer die Zukunft des Industriestandorts sichern will, muss in Menschen investieren. Wir brauchen moderne Berufsschulen, regionale Weiterbildungszentren und eine echte Offensive für digitale Kompetenzen. Die Beschäftigten müssen wissen, dass sie in diesem Wandel nicht allein gelassen werden.“

Stiedl zufolge brauche Bayern jetzt „einen echten Investitionsschub“. Hier könne der bayerische Anteil aus dem 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes – knapp 16 Milliarden Euro in den nächsten zwölf Jahren – einen starken Beitrag leisten. „Aber Bayern kann mehr. Mit den anstehenden Haushaltsberatungen hat Bayern die Chance, eigene Akzente zu setzen und nach dem Vorbild Rheinland-Pfalz zusätzliche Mittel in die Hand zu nehmen.“

Ein Schlüsselprojekt sei laut Stiedl der Transformationsfonds, der finanziell gestärkt und zugleich sozialpartnerschaftlich ausgestaltet werden müsse. „Nur wenn die Beschäftigtenperspektive mit am Tisch sitzt, kann der Fonds zum Motor einer gerechten Transformation werden. Genau das wäre der Neustart im Dialog, den Bayern jetzt dringend braucht“, so Stiedl abschließend.