Erklärung der Gewerkschaften des Wiener Memorandums
Gemeinsamer Appell: Beschäftigte entlasten!

Inflation und gestiegene Energiepreise bereiten den Beschäftigten in ganz Europa große Sorgen. Das Armutsrisiko steigt. Die Menschen benötigen deshalb dringend Unterstützung von der EU und ihren Regierungen.

26. Januar 202326. 1. 2023


Die Beschäftigten in Europa leiden gewaltig unter der hohen Inflation. Angesichts der gestiegene Preise fragen sich viele, wie sie die immer weiter steigenden Kosten noch schultern können. Die Stärkung angemessener Arbeits- und Lebensbedingungen in ganz Europa ist deshalb wichtiger denn je. Die Metallgewerkschaften aus den Ländern der Wiener-Memorandum-Gruppe, zu der auch die IG Metall gehört, begrüßen die beschlossene EU-weite Mindestlohn-Richtlinie deshalb ausdrücklich. Sie ist ein Erfolg der Gewerkschaften und auch ein wichtiger Ausgangspunkt für ein solidarisches Miteinander und gegen den sozialen Unterbietungswettbewerb im europäischen Binnenmarkt.

Bei ihrem Treffen in Slowenien forderten die Präsidenten der Gewerkschaften des Wiener Memorandums nun ihre Regierungen auf, die Sozialpartner – Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter – in den Umsetzungsprozess miteinzubeziehen. Ziel der Richtlinie ist es, Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit des Mindestlohns festzulegen. Außerdem sollen die Bedingungen für freie und faire Tarifverhandlungen verbessert werden.

Sozialer Friede ist in Gefahr

In einem gemeinsamen Appell der Mitgliedsstaaten betonten die Präsidenten der Wiener-Memorandum-Gruppe aber auch: Lohnpolitik alleine kann die aktuellen Herausforderungen nicht lösen. Sie mahnten, dass auch die EU und die Regierungen der Mitgliedsstaaten aktiv werden müssen, um eine drohende Spaltung der Gesellschaft abzuwenden. Rutscht Europas Mittelschicht in die Armut, sei der soziale Friede in Gefahr, heißt es in ihrer verabschiedeten Resolution.

Ganz konkret fordern die Gewerkschaften unter anderem Energiepreisdeckel für Haushalte und Unternehmen, eine Übergewinnsteuer für Krisengewinner und Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung. Darüber hinaus sollten neben der Unterstützung der Implementierung des EU-weiten Mindestlohns EU und Mitgliedsstaaten eine Industriepolitik forcieren, die sicherstellt, dass Profite nicht nur in den Taschen der Shareholder landen, sondern auch in zukunftsfähige Transformationsprojekte investiert werden. Der Gefahr einer schleichenden Deindustrialisierung müsse Einhalt geboten werden.

„Ein Schulterschluss in besonderen Zeiten“, lobte Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, das Treffen der Wiener-Memorandum-Gruppe in Slowenien. Die Menschen in allen Ländern der EU litten unter den aktuellen Krisen. Alle Länder seien deshalb auch in der Pflicht, die Menschen und Unternehmen gut durch diese Krisen zu bringen.

 

Hintergrund:
Seit 1999 arbeiten die Metallgewerkschaften aus der Tschechischen Republik (OS KOVO), der Slowakischen Republik (OZ KOVO), Ungarn (VASAS), Slowenien (SKEI), Österreich (PRO-GE) und Deutschland (IG Metall Bayern) in einem institutionalisierten Netzwerk zusammen. Diese Wiener-Memorandum-Gruppe tauscht sich regelmäßig aus mit dem Ziel, grenzüberschreitend für gute Löhne und Arbeitsbedingungen zu sorgen.