Interview
„Wir geben Sicherheit in unsicheren Zeiten“

Sie sind Gesicht und Stimme der IG Metall bei den großen Automobilherstellern in Bayern: Karola Frank wurde im Januar zur Vorsitzenden der Vertrauenskörperleitung bei Audi in Ingolstadt gewählt. Valeria Gorschunow ist seit September Vertrauenskörperleiterin bei BMW München.

2. Januar 20252. 1. 2025


Vertrauenskörperleiterin – was reizt euch an dieser Aufgabe?  
Valeria Gorschunow: Die Verantwortung. Ich will Veränderungen in der Arbeits-welt aktiv mitgestalten, aber auch durch politisches Engagement Gesellschaft und Lebensbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen verbessern.  
Karola Frank: Das kann ich nur unterschreiben! Egal ob als Betriebsrätin oder VK-Leiterin – es geht darum, mit den Menschen für die Menschen etwas zu bewegen. Als Vertrauensleute geben wir den Anliegen und Interessen der Kolleginnen und Kollegen eine Stimme. Um mit ihnen gemeinsam Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu nehmen, aber auch auf die Politik.

Wie nehmt ihr denn konkret Einfluss?
Frank: Als klassisches Beispiel sind hier die Tarifrunden zu nennen. Die funktionieren nur mit den Beschäftigten. Wir identifizieren die wichtigsten Themen der Kolleginnen und Kollegen. Und wenn dann, wie in der gerade abgeschlossenen Metall- und Elektro-Tarifrunde, beim Warnstreik 15.000 Menschen auf der Audi Piazza stehen, ist das das ganz klares Zeichen an die Arbeitgeber: An uns kommt ihr nicht vorbei, wir und die IG Metall zeigen euch deutlich, in welche Richtung es gehen muss.

Valeria Gorschunow:
„Die Kolleginnen und Kollegen sind bereit, Neues zu lernen“

Ihr seid beide in der Verhandlungs-kommission der IG Metall Bayern – wie schwierig waren die Verhandungen? Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?
Gorschunow: Da kam am Ende ja alles zusammen: Die Wahl von Trump, das Ampel-Aus und die Sparpläne bei VW. In der entscheidenden Verhandlungsnacht haben wir alle ganz schön gezittert angesichts der anfänglichen Blockade der Arbeitgeber. Doch am Ende steht ein absolut gelungener Abschluss. Einmalzahlung, Entgelterhöhung und vor allem die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten zwischen mehr Zeit oder mehr Geld kommen bei unseren Kolleginnen und Kollegen sehr gut an.
Frank: Auch die Kolleginnen und Kollegen bei Audi schätzen sehr, was wir unter diesen Rahmenbedingungen erreicht haben. Gerade auch für die Auszubildenden, deren Vergütungen überproportional steigen. Und auch die Anhebung des T-Zug B in der Fläche wird sehr gut aufgenommen, gleichwohl wir bei Audi schon weitergehende Regelungen hatten. Und ja: Diese Tarifrunde war besonders – aber die Beschäftigten haben uns angesichts der starken Warnstreikbeteiligung so viel Rückenwind gegeben, dass wir mit gestählter Brust in die Verhandlungen gehen konnten. Sie haben uns das Selbstvertrauen und die Kraft gegeben, unsere Themen durchzusetzen. Und eines, was ich den Kolleginnen und Kollegen immer wieder mitgebe, hat dieser Tarifabschluss einmal mehr gezeigt: Wir als IG Metall geben Sicherheit in unsicheren Zeiten!

Valeria, du hast das Thema VW angespro-chen. Dort eskaliert die Auseinandersetzung in der Automobilindustrie am heftigsten. Wie beurteilst du die Situation?
Gorschunow: Erstmal volle Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen bei VW. Sie sollen jetzt die Fehler des Managements ausbaden. Man will die Beschäftigten dafür bestrafen, indem man Haustarifverträge kündigt, Werke schließt und Beschäftigte entlässt? Nicht mit der IG Metall!

Wie sieht es bei BMW aus?
Gorschunow: Bei BMW haben wir mit der Fokussierung auf ein flexibles Antriebsportfolio den richtigen Schritt unternommen. Die Kolleginnen und Kollegen sind bereit, Neues zu lernen und den Prozess der Transformation zu unterstützen. Auch deshalb geht es uns gut.

Karola Frank:
„Die Beschäftigten brennen für die Zukunft ihrer Unternehmen.“

Karola, stehst du in Kontakt mit VW-Beschäftigten
Frank: In engem, wir gehören ja demselben Konzern an. Wir erleben bei VW eine ganz neue Art der Auseinandersetzung. Statt Miteinander herrscht nur noch Konfrontation. Fehlentscheidungen werden auf den Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Dabei machen sie das Pfund der Unternehmen aus. Unsere Beschäftigten haben große Kompetenzen, sie entwickeln die neuen Technologien, sie sorgen dafür, dass die Automobilbranche in Deutschland eine Zukunft hat. Denn sie Beschäftigten brennen für die Themen der Zukunft. Jetzt müssen auch die Arbeitgeber für den Standort Deutschland brennen. Und die Politik muss bessere Rahmenbedin-gungen dafür schaffen. Im März werden wir als IG Metall bei einem deutschlandweiten industriepolitischen Aktionstag für unsere Forderungen auf die Straße gehen. Und eine lautet: Unternehmen dürfen nicht nur auf Gewinn-maximierung schauen und ihre Aktionäre im Blick haben, sondern müssen jetzt nachhaltig in die Zukunft investieren. Die Unternehmen müssen ihrer Verantwortung auch für die Menschen und ihren Familien gerecht werden. Den Arbeitgebern das deutlich zu machen, ist unser Job.