Bezirkskonferenz 2022
Horn: „Wir wollen nicht weniger als die Wirtschaft demokratisieren“

Mitbestimmung steht in Würzburg im Mittelpunkt – Hans-Böckler-Medaille für Edeltraud Roth und Gerald Eberwein – Zwei Neue für Bayern im Beirat

7. Juli 20227. 7. 2022


Der bayerische Bezirksleiter Johann Horn fordert beim Wandel der Industrie mehr Mitbestimmung ein. „Wir wollen auch die Strategien der Unternehmen mitbestimmen“, sagte Horn bei der Bezirkskonferenz der IG Metall Bayern am 30. Juni in Würzburg. Das Ziel sei, über neue Produkte und Wertschöpfung vor Ort Beschäftigung zu sichern. „Dafür brauchen wir mehr Mitbestimmungsrechte im Betriebsverfassungsgesetz. Wir werden nicht nachlassen, das von der Politik einzufordern. Wir wollen nicht weniger als die Wirtschaft demokratisieren“, so Horn. Wenn die Menschen über die Zukunft ihrer Arbeit selbst mitbestimmen könnten, dann würden sie auch aufgeschlossen und konstruktiv an die bevorstehenden Veränderungen herangehen.

Lieferketten vor Ort stärken

Horn gab den Unternehmen in seiner Rede eine Mitschuld am aktuellen Materialmangel, der die Inflation anheizt: „Sie wollten als Lehre aus Corona ihre Zulieferbeziehungen in Deutschland und Europa stärken. Doch sie haben nichts gemacht. Die Unternehmen müssen jetzt strategische und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Sie müssen Produktion und Lieferketten in Deutschland und Europa stärken.“

Horn warnte Politik und Arbeitgeber vor Einsparungen zulasten der Beschäftigten, um die Folgen und Kosten des Ukraine-Krieges zu kompensieren: „Wenn jetzt jemand auf die Idee kommt, beim fairen Wandel der Industrie und bei der sozialen Sicherheit der Beschäftigten zu sparen, dann werden wir uns dem entschieden entgegenstellen!“

15 Prozent weniger Ausbildungsstellen

Für ihre Einsparungen bei den Auszubildenden kritisierte Horn die bayerischen Arbeitgeber scharf. In den Corona-Jahren haben die bayerischen Betriebe der Metall- und Elektroindustrie die Zahl der neuen Ausbildungsplätze um 15 Prozent gekürzt. Horn: „Gleichzeit jammern die Arbeitgeber immer lauter über Fachkräftemangel.
Ja, dann investiert doch in Eure Fachkräfte! Investiert in die Zukunft! Bildet endlich wieder mehr junge Menschen aus!“

Böckler-Medaille für Edeltraud Roth und Gerald Eberwein

Für ihr herausragendes Engagement für die Gewerkschaftsbewegung haben bei der Bezirkskonferenz Edeltraud Roth und Gerald Eberwein vom Vorsitzenden des DGB Bayern, Bernhard Stiedl, die Hans-Böckler-Medaille erhalten.

Edeltraud Roth engagierte sich seit den 1980er Jahren bei Diehl Metall in Nürnberg als Betriebsrätin, Betriebsratsvorsitzende, Konzernbetriebsratsvorsitzende und Vertrauensfrau der IG Metall. In 35 Jahren als Mitglied im Ortsvorstand der IG Metall Nürnberg hat sie die Politik in der Geschäftsstelle aktiv mitgeprägt. Als langjähriges Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommission für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern war Edeltraud Roth an vielen Tarifabschlüssen direkt beteiligt.

Edeltraud Roth und Gerald Eberwein (2.v.r.) erhalten die Hans-Böckler-Medaille von Bernhard Stiedl (Vorsitzender DGB Bayern, r.) und Bezirksleiter Johann Horn bei der Bezirkskonferenz Bayern 2022 in Würzburg.Gerald Eberwein begann mit 16 Jahren als Maschinenschlosserlehrling bei Siemens und trat in die IG Metall ein. Bereits 1982 wurde er Betriebsrat, 1994 dann Betriebsratsvorsitzender. Über 40 Jahre lang engagierte er sich in der bayerischen Tarifkommission für die Metall- und Elektroindustrie und als Mitglied der Delegiertenversammlung der IG Metall Nürnberg. Als die IG Metall 1995 die 35-Stunden-Woche durchsetzte, gehörte er beim wichtigen Streikbetrieb Siemens NMA zur Streikleitung.

Seit 1996 prägte Gerald Eberwein auch als Mitglied des Ortsvorstandes die Arbeit der IG Metall Nürnberg mit, die er in einer Umbruchphase sogar vorübergehend als ehrenamtlicher 2. Bevollmächtigter unterstützte. Auf Bundesebene gestaltete er zehn Jahre lang als Mitglied des Beirates und neun Jahre als ehrenamtliches Mitglied im Vorstand die Politik der IG Metall mit.

Der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl würdigte das Ehepaar Roth/Eberwein mit diesen Worten: „Ihr seid Vorbilder, für Gewerkschafter*innen, die sich an euren Persönlichkeiten und eurem Engagement ein Beispiel nehmen. Ihr habt sie gefördert, vom Sinn gewerkschaftlicher Arbeit überzeugt und für Gewerkschaften begeistert. Wie Hans Böckler habt ihr Entschlossenheit, Ausdauer und Mut beim Einsatz für die Beschäftigten gezeigt. Das Prinzip der Einheitsgewerkschaft habt ihr gelebt und verteidigt. Mitbestimmung im Betrieb habt ihr konkret und erfahrbar gemacht.“

Zwei Neue für Bayern im Beirat

Die Delegierten der Bezirkskonferenz haben zwei neue Kolleg*innen aus Bayern in den Beirat der IG Metall entsandt, das höchste Entscheidungsgremium zwischen den Gewerkschaftstagen: Stephanie Eberherr aus der Geschäftsstelle Rosenheim und Roberto Armellini aus der Geschäftsstelle Augsburg.

Stephanie Eberherr ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und Leiterin des Vertrauenskörpers bei der Dr. Johannes Heidenhain GmbH in Traunreut. Sie folgt auf Monika Jais von BSH Hausgeräte ebenfalls aus Traunreut, die die IG Metall Bayern 30 Jahre lang engagiert im Beirat vertreten hat und nun in den Ruhestand geht.

Roberto Armellini ist als 1. Bevollmächtigter der IG Metall Augsburg der Nachfolger von Michael Leppek und übernimmt nun auch dessen Sitz im Beirat.

Die Bezirkskonferenz Bayern hat 2022 Stephanie Eberherr (GS Rosenheim) und Roberto Armellini (GS Augsburg) neu in den Beirat der IG Metall gewählt.