Juli 2023: Nach massiven Protesten von IG Metall, Betriebsrat und Beschäftigten nimmt der Autozulieferer Magna die bereits verkündete Schließung seines Werks im unterfränkischen Dorfprozelten zurück. Stattdessen geht es am Standort mit rund 250 Beschäftigten und Zukunftsprodukten weiter, für deren Ansiedlung und Förderung sich die IG Metall stark gemacht hatte. Ein positives Beispiel für eine gute Lösung, erreicht durch Mitbestimmung!
Vielerorts sehen sich die Beschäftigten in der bayerischen Industrie derzeit mit ähnlichen Sorgen konfrontiert. Denn viele Unternehmen haben keine klaren Zukunftskonzepte, wie sie sich aufstellen wollen in einer Industrie, die durch Klimawandel und Digitalisierung auf den Kopf gestellt wird. Nicht wenige reagieren mit Stellenabbau oder nutzen die Situation für Verlagerungen.
Der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott will das nicht hinnehmen: „Wir wollen immer frühzeitig mit den Unternehmen in Gespräche über Perspektiven für Beschäftigte und Standorte kommen.“ Das Problem ist nur: Die Unternehmen haben oft kein Interesse daran. Und dann? „Wir wollen den Wandel der Industrie sozial und ökologisch gestalten. Das geht nur mit mehr Mitbestimmung“, ist Ott überzeugt. Deshalb hat die IG Metall zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) einen eigenen Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz vorgelegt. Das Ziel: Mehr Mitbestimmung für Betriebsräte, damit sie in den Betrieben den Wandel für die Beschäftigten vorausschauend und sozial gestalten können.
Bei einer zweitägigen Konferenz Ende September in Bad Gögging haben 120 bayerische Betriebsrätinnen und -räte beraten, wie sie mehr Einfluss auf den Wandel in den Betrieben nehmen können. Christiane Benner, zu diesem Zeitpunkt noch Zweite Vorsitzende der IG Metall, erklärte bei der Konferenz, warum Betriebsräte dafür prädestiniert sind: „Betriebsräte kennen das Unternehmen und die Beschäftigten sehr gut. Sie sind daher bestens qualifiziert, über Weiterbildungs-möglichkeiten und den Erhalt von Arbeitsplätzen mitentscheiden zu können.“
Zentral ist dabei, dass Betriebsräte schon frühzeitig Einfluss auf die Planungen und Strategien der Unternehmen nehmen können, bevor diese in eine Krise geraten. Das ermöglicht das seit 1972 quasi unveränderte Betriebsverfassungsgesetz bisher nicht. Die IG Metall will das ändern und fordert mehr Mitbestimmungs- und Initiativrechte bei Strategie- und Personalplanung, Beschäftigungssicherung und Weiterbildung.
Die Idee dabei: Wenn die Beschäftigten mit ihren Betriebsräten über die Zukunft ihrer Arbeit selbst erfolgreich mitbestimmen können, dann gehen sie auch aufgeschlossen an die bevorstehenden notwendigen Veränder-ungen heran.
Bezirksleiter Horst Ott bringt es so auf den Punkt: „Die einzigen, auf die sich die Beschäftigten in Bayern verlassen können, sind ihre Betriebsräte und ihre Gewerkschaft. Veränderung an sich ist nicht schlecht. Veränderung kann gut sein, wenn man sie als Chance für Verbesserungen nutzt. Wir wollen gemeinsam die Unternehmen dazu bringen, eine gute Transformation zu machen, die Arbeitsplätze sichert und schafft.“
Nach zwei Tagen mit kreativem Austausch und intensiven Debatten haben die 120 Betriebsrätinnen und -räte in Bad Gögging unter anderem eine Resolution beschlossen. Ihr Titel: „Reform und Stärkung der Mitbestimmung jetzt!“ Darin heißt es: „Der Schutz für die Beschäftigten, die demokratische Teilhabe und die Eingrenzung der Arbeitgeber-befugnisse sind gegenwärtig nicht ausreichend gewährleistet.“ Das soll sich ändern. Denn eines ist sicher: Mehr Demokratie im Betrieb stabilisiert auch die Demokratie in der Gesellschaft.