Über 1000 Beschäftigte aus fünf Unternehmen der Autozulieferindustrie am bayerischen Untermain mit sechs Standorten haben am heutigen Freitag für den langfristigen Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Beim IG Metall-Aktionstag unter dem Motto „Zukunftsregion Aschaffenburg – Perspektive Automobilzulieferindustrie“ liefen am Freitag zeitgleich öffentliche Protestaktionen vor den Werkstoren von Magna Mirrors (Dorfprozelten), Joyson Safety Systems und Recall Services Europe (Aschaffenburg), Waldaschaff Automotive (Waldaschaff und Esselbach) sowie ZF Automotive Safety (Aschaffenburg).
Bei Magna Mirrors hat anstelle der geplanten Protestaktion ab 10 Uhr sogar ein Warnstreik der kompletten Frühschicht stattgefunden, nachdem es in den Tarifverhandlungen zwischen der IG Metall und Magna Mirrors am Donnerstagnachmittag keine Fortschritte gegeben hat. „Magna bewegt sich kein Stück und rückt nicht von seinen Plänen ab, den Standort komplett zu schließen. Unser Ziel sind tarifvertragliche Zusagen für Investitionen und eine Standortsicherung. Wir fordern beschäftigungspolitische Maßnahmen zur Abfederung der Transformation am Standort für die Beschäftigten“, sagt Percy Scheidler, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Aschaffenburg. Und weiter: „Wenn Magna weiter blockiert, wird das nicht der letzte Streik gewesen sein. Die Belegschaft ist stinksauer und kampfbereit.“
Das Magna-Management hatte im März angekündigt, den Standort Dorfprozelten mit fast 500 Beschäftigten bis Mitte 2025 komplett zu schließen, obwohl dort Zukunftsprodukte für die Automobilindustrie hergestellt werden. Das Unternehmen will die Produktion zur Gewinnmaximierung in osteuropäische Billiglohnländer verlagern. Auch bei Joyson Safety Systems und Waldaschaff Automotive drohen Verlagerungen von Zukunftsprodukten in Billiglohnländer. Bei ZF Automotive Safety informierten sich die Beschäftigten über den aktuellen Stand der Gespräche über die geplante Ausgliederung einer gewinnträchtigen Sparte. Insgesamt sieht die IG Metall in der Region 2000 von 6000 Arbeitsplätzen in der Autozulieferindustrie gefährdet.
Diese Strukturkrise mit den zu befürchtenden weitreichenden Folgen für die gesamte Region hat auch die regionale Politik alarmiert. An einem „Runden Tisch zur Arbeitsplatzsicherung in der Automobilzulieferindustrie“ haben am gestrigen Donnerstag in Großwallstadt auf Einladung der Landräte Scherf und Legler sowie des Aschaffenburger Oberbürgermeisters Herzing Vertreter aller genannten Unternehmen, Betriebsräte, Gewerkschafter und Netzwerk-Partner wie die Arbeitsagentur teilgenommen.
Auch der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott saß mit am Tisch und sagt: „Diese Initiative ist breit aufgestellt und ganz gut gestartet. Es muss aber noch stärker um konkrete Maßnahmen gehen, wie die gefährdeten Arbeitsplätze der Beschäftigten in der Region gehalten werden können. Was an diesem Tisch sehr deutlich geworden ist: Da saßen Unternehmen, die durchaus bereit sind, gemeinsam mit den Beschäftigten und der IG Metall den industriellen Wandel zu gestalten. Und da saß ein Unternehmen, das zur puren Gewinnmaximierung Arbeitsplätze vernichten und verlagern will. Und das heißt Magna.“
Percy Scheidler, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Aschaffenburg, hat beim Runden Tisch den Landräten Scherf und Legler sowie Bürgermeister Leiderer 2165 Unterschriften von Beschäftigten aus den betroffenen Betrieben überreicht. Scheidler dazu: „Die IG Metall und die Beschäftigten fordern eine konzertierte Aktion von Politik, Netzwerk-Partnern, Unternehmen und Gewerkschaften, um die Industriearbeitsplätze in der Region zu sichern. Wir akzeptieren keine Standortschließungen. Wir fordern Qualifizierung, zusätzliche Ausstiegsmöglichkeiten über Altersteilzeit und eine sichere finanzielle Ausstattung für die Beschäftigten. Von den Unternehmen wollen wir sichere Verträge, die Standorte und Arbeitsplätze langfristig garantieren. Der Auftakt mit diesem Runden Tisch war in Ordnung. Aber jetzt sind die Unternehmen in der Pflicht, konkrete Beiträge für sichere Arbeitsplätze in der Region zu leisten.“