Die IG Metall Bayern ist heute mit ihrer Forderung nach sieben Prozent mehr Geld für zwölf Monate und 170 Euro mehr Ausbildungsvergütung in die erste Tarifverhandlung der bayerischen Metall- und Elektroindustrie gestartet. Die rund 90-minütige Verhandlung in München blieb wie erwartet ohne Annäherung der Tarifparteien.
IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Horst Ott begründet die Forderung: „Wir haben Jahre mit extremen Preissteigerungen hinter uns, die immer noch wirken. Die Menschen haben nach wie vor Probleme, ihre Lebenshaltungskosten zu tragen. Auch deshalb sind sie als Verbraucher zurückhaltend. Wir brauchen jetzt steigende Löhne, um die Kaufkraft und damit die Konjunktur anzukurbeln. Wenn die Unternehmen die Nachfrage nach ihren eigenen Produkten steigern wollen, müssen sie die Entgelte der Beschäftigten erhöhen. Auch die Steuereinnahmen steigen mit höheren Löhnen, was mehr staatliche Investitionen ermöglicht.“
Auszubildende sind mit ihrer relativ niedrigen Ausbildungsvergütung durch die hohen Preise besonders belastet. In vielen Ausbildungsberufen liegen die Vergütungen inzwischen höher als in der Metall- und Elektroindustrie. Darum fordert die IG Metall eine überproportionale Erhöhung der Vergütungen um 170 Euro. „Die Auszubildenden sind heute im Schnitt 20 Jahre alt und führen ein eigenständiges Leben, das sie finanzieren müssen. Und sie sind der begehrte Fachkräftenachwuchs. Deshalb wollen wir die Auszubildenden finanziell stärken und die Attraktivität der Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie fördern“, erläutert Ott. Darüber hinaus strebt die IG Metall Bayern in den Verhandlungen einen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten der Auszubildenden an.
Weitere Themen der IG Metall in der Tarifrunde sind eine soziale Komponente für die unteren Entgeltgruppen und die Ausweitung der Wahloptionen zwischen Zeit und Geld auf mehr Beschäftigte. Ott sagt dazu: „Wie auch die Auszubildenden leiden Beschäftigte mit niedrigen Einkommen besonders unter den hohen Preisen. Das wollen wir in den Verhandlungen explizit berücksichtigt wissen. Und das Bedürfnis der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität ist sehr groß. Die Menschen wollen sich je nach Lebensphase für mehr Geld oder mehr Zeit entscheiden können. Wir wollen das weiteren Beschäftigtengruppen ermöglichen. Dabei denken wir beispielsweise an Teilzeitbeschäftigte oder ehrenamtlich engagierte Beschäftigte.“
Ott kritisiert die anhaltende übertriebene Schwarzmalerei vieler Arbeitgeber: „Vor jeder Tarifrunde malt der Arbeitgeberverband die Lage der Branche in düsteren Farben. Richtig ist: Die Umsätze der Metall- und Elektroindustrie sind höher als vor der Corona-Krise, die Reichweite der Aufträge liegt mit fast fünf Monaten noch immer über dem langjährigen Mittel. Richtig ist: Die Beschäftigtenzahl in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie liegt mit über 870 000 fast auf einem Allzeithoch, mit 55 Milliarden Arbeitsstunden haben die Beschäftigten in Deutschland 2023 so viel gearbeitet wie noch nie, der Industriestandort Bayern belegt weltweit Platz zwei. Deshalb haben sich die Beschäftigten eine ordentliche Entgeltsteigerung redlich verdient, und die Arbeitgeber können sich eine solche auch leisten.“
Abschließend stellt Ott fest: „Wir erkennen die heterogene wirtschaftliche Lage in der Branche an und haben deshalb eine maßvolle und angemessene Forderung erstellt. Was in dieser Tarifrunde noch fehlt, ist der Respekt der Arbeitgeber gegenüber den Leistungen der Beschäftigten. Was fehlt, ist die Anerkennung der Notwendigkeit, dass die Menschen mehr Geld zum Leben brauchen. In diesen Punkten muss sich die Arbeitgeberseite weiterentwickeln, wenn wir uns am Verhandlungstisch näherkommen wollen.“
Unmittelbar vor Verhandlungsbeginn hat die größte Tarifaktion der IG Metall Bayern innerhalb der Friedenspflicht aller Zeiten stattgefunden: 5000 Beschäftigte aus ganz Bayern haben bei einem lautstarken und farbenfrohen Demonstrationszug durch die Münchner Maxvorstadt und einer anschließenden Kundgebung direkt vor dem Haus der Bayerischen Wirtschaft einen Vorgeschmack ihrer Aktionsbereitschaft geliefert. Die IG Metall-Jugend Bayern überreichte den Arbeitgebern als Geschenk zum Verhandlungsauftakt einen Einkaufswagen mit Lebensmitteln samt Kassenbon, um die exorbitanten Preissteigerungen zu veranschaulichen. Die Demoteilnehmer übergaben den Arbeitgebern Tausende Postkarten von Beschäftigten aus ganz Bayern mit ihren Forderungen nach mehr Geld.
Die zweite Tarifverhandlung in Bayern findet am 15. Oktober in Nürnberg statt. Die Friedenspflicht endet mit dem 28. Oktober 2024, danach sind Warnstreiks möglich.
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