23. Juli 2024
Sozial-ökologischer Wandel
IG Metall Bayern schlägt Förderprogramm für Mobilitätswirtschaft vor
Erfolgreicher Wandel ist gefährdet – Ott: „Kompetenzen der Beschäftigten werden zu wenig genutzt“ – Studien in regionalen Transformationsnetzwerken zeigen: Mangelhafte Personalplanung und unzureichende Qualifizierungskonzepte hemmen Innovationen

Mit einem Konzept für ein Förderprogramm will die IG Metall Bayern den Freistaat zu einer aktiveren Gestaltung der Transformation der Mobilitätswirtschaft ermuntern, insbesondere beim Thema Qualifizierungen. Ausgangspunkt für diese Initiative sind bedenkliche aktuelle Entwicklungen. „Viele Unternehmen entscheiden sich derzeit aus kurzfristigem Gewinninteresse dafür, ihre Zukunftsprodukte an ausländischen Standorten entwickeln und herstellen zu lassen. Damit gefährden sie den erfolgreichen Wandel der Auto- und Zulieferindustrie vor Ort“, sagt der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott. „Wir erwarten nun von der Bayerischen Staatsregierung, diesem bedrohlichen Trend mit einem Förderprogramm entgegenzuwirken.“

Das IG Metall-Konzept für das Förderprogramm „Aufgabe Zukunft – Transformation sozial, ökologisch und zukunftsfähig gestalten“ sieht fünf Schwerpunkte vor:

Ott stellt fest: „Wir brauchen mehr Anstrengungen für unser gemeinsames Ziel, komplette Wertschöpfungsketten über Entwicklung, Produktion und Vertrieb in Bayern zu sichern. Gelingt das nicht, könnte unsere industrielle Basis erodieren. Insbesondere die Einbeziehung der Kompetenzen der Beschäftigten durch eine innovationsförderliche Arbeitsgestaltung und strategische Qualifizierungen kommt noch viel zu kurz.“

Versäumnisse in vielen Unternehmen

Das ist auch eine der Erkenntnisse aus den 34 Fallstudien und über 400 Interviews im Rahmen der regionalen Transformationsnetzwerke. „Wir haben herausgefunden: In vielen Unternehmen entstehen Engpässe bei den Innovationsprozessen durch Versäumnisse in den Bereichen Unternehmenskultur, Arbeitsprozesse und Personalarbeit. Viele Personalabteilungen sind quantitativ und qualitativ nicht gut für die Veränderungsdynamiken der Transformation aufgestellt, was vor allem zu mangelhafter Personalplanung und unzureichenden Qualifizierungskonzepten führt“, erläutert Wolfgang Anlauft, Geschäftsführer der ffw GmbH, die als Partner der IG Metall Bayern die Projekte in den regionalen Transformationsnetzwerken durchführt.

Kerner: „Wer als Unternehmer Steuergeld in Anspruch nimmt, muss liefern“

Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, unterstreicht die Verantwortung von Politik und Unternehmen für den erforderlichen grünen Umbau der Industrie – im Automobilbereich und darüber hinaus in vielen weiteren Branchen. „Die Industrie steht im tiefsten Umbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Diesen Umbruch kann der Markt nicht allein regeln und das einzelne Unternehmen nicht allein stemmen. Hier ist die Politik in Bund und Ländern gefragt. Sie muss sorgen für klare, verlässliche politische Vorgaben, ein investitionsfreundliches Umfeld mit moderner Infrastruktur und international wettbewerbsfähigen Energiekosten – Stichwort Industriestrompreis – sowie für gezielte finanzielle Unterstützung dort, wo Unternehmen mit Zukunftsinvestitionen überfordert sind.“ Diesen notwendigen Investitionen, Förderungen und Entlastungen stehe allerdings die Schuldenbremse im Weg. Eine Reform sei daher überfällig. Die Unternehmen müssten sich im Gegenzug konsequenter zum Industriestandort Deutschland bekennen, Subventionen müssten stärker an Bedingungen geknüpft werden, fordert Kerner: „Wer als Unternehmer Steuergeld in Anspruch nimmt, muss liefern: Zukunftsinvestitionen vor Ort, Standortgarantien, Beschäftigungssicherung und Tarifbindung.“

Das neue Förderkonzept hat die IG Metall Bayern im Rahmen der Konferenz „Zukunftswerkstatt Transformation“ an diesem Dienstag in Ingolstadt vorgestellt. Bei der Konferenz diskutierten 100 Gestalter*innen aus Management, Betriebsräten, Wissenschaft und Politik über Erfahrungen und Handlungsbedarfe zur Bewältigung des Wandels in der Auto- und Zulieferindustrie.

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