30. Juli 2024
50 Jahre Kritische Akademie Inzell
„Demokratie ist erlernbar!“
Nicht nur die Akademie feiert Jubiläum. Auch die Stiftung Bildung und Gesundheitshilfe, die sie betreibt, hat heuer einen runden Geburtstag. Auf der Jubiläumsveranstaltung wird mehr als deutlich: Gewerkschaftliche und politische Bildungsarbeit sind in diesen Zeiten wichtig wie nie.

Der Grundstein für eine besondere Erfolgsgeschichte wurde vor genau 50 Jahren, am 1. August 1974, gelegt. Für eine Erfolgsgeschichte in Sachen gewerkschaftlicher und politischer Bildungsarbeit. Die Kritische Akademie wird 50 Jahre alt – und doch begann ihre Geschichte eigentlich bereits zehn Jahre zuvor. Mit der 1964 gegründeten Stiftung zur Förderung von Bildung und Erholung der Arbeitnehmer der Miederindustrie, heute Stiftung Bildung und Gesundheit, die die Kritische Akademie betreibt.

Peter Donath nahm bei der Jubiläumstagung am 26. Juli die Gäste in Inzell mit auf eine launige und kurzweilige Zeitreise. Er berichtete von den großen Arbeitskämpfen in der Textilindustrie – und von den enormen Anstrengungen der Gewerkschaft Textil- und Bekleidung (GTB), seit 1998 Teil der IG Metall, um ein besseres Verhältnis mit der Arbeitsgemeinschaft Miederindustrie. Sie führten 1963 zu einem Tarifvertrag – und in diesem Zuge auch zur Gründung der Stiftung.  

Die ersten Bildungsmaßnahmen fanden in Wirtshäusern statt

Der herausragende Satzungsauftrag der Stiftung ist die Aufgabe, die staatsbürgerliche und berufliche Bildung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Miederindustrie zu fördern und die Erholung dieser Arbeitnehmer und ihrer Familien zu ermöglichen. Da aber schnell erkannt wurde, dass Weiterbildungs- und vor allem Kurmaßnahmen in Wirtshäusern nicht ganz optimal aufgehoben waren, entstand die Idee zu einem eigenen Haus. Die Idee wurde rasch umgesetzt, ein Grundstück in Inzell gekauft. Eröffnet wurde die Kritische Akademie dann im Januar 1977 – in Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt.

Josef Konhäuser, stellvertretender Landrat des Landkreises Traunsteins war bei der Eröffnung dabei – damals als ein Vertreter der Jusos. Später war er selbst vier Jahre lang IG Metall-Referent in der Akademie und schwärmte in seinem Grußwort: „Die Kritische Akademie steht für ein Lernen, das über die traditionellen Klassenzimmer hinaus geht. Ein Lernen, das das Engagement in den Mittelpunkt stellt.“ Und Michael Lorenz, Bürgermeister der Gemeinde Inzell, betonte welchen Stellenwert die Akademie heute für die Gemeinde habe. In bildungspolitischer Sicht, aber auch touristischer. „Wir haben nicht nur die Berge, wir haben auch die Kritische Akademie.“

Bildung ist wichtig zum Erhalt einer starken Demokratie

Ob nun die „atemberaubende Umgebung“, der „Sachverstand“ von Leitung und Referenten oder auch die „Herzlichkeit des Teams“ – dies sind nur einige der Erfolgsfaktoren der Akademie, die die Laudatoren auf der Veranstaltung ansprachen. Nicht zu vergessen den attraktiven Bildungsmix, der immer wieder an die sich verändernden Herausforderungen in Arbeitswelt und Gesellschaft angepasst wurde. An der Kritischen Akademie kann von der gesellschaftspolitischen über die ökologische, kulturelle, soziale bis zur internationalen Bildung oder der Gesundheitsbildung aus einem umfangreichen Angebot gewählt werden.

Im Mittelpunkt in den Reden auf der Jubiläumsveranstaltung stand aber der enorme Stellenwert von Bildung für den Erhalt und die Stärkung der Demokratie. „In diesen Zeiten, in denen die Demokratie unter Druck steht, von Rechtsextremisten bedroht wird, ist politische Bildung umso wichtiger für den Erhalt einer starken und wehrhaften Demokratie“, sagte etwa Ralf Reinstädtler, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und stellvertretender Vorsitzender der Stiftung. Er betonte: „Demokratie ist niemals eine Selbstverständlichkeit. Es sind Gestalter gefragt, die sich Demokratiefeinden die rote Karte zeigen. Und hier an der Akademie sind diese Gestalter.“ Und Horst Ott, Bezirksleiter der IG Metall Bayern und Vorsitzender der Stiftung ergänzte: „Diesen Geist und Spirit müssen wir mit unserer Bildungsarbeit nach draußen bringen.“ Auch Bärbel Kofler, Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, betonte: „Es sind herausfordernde Zeiten, in denen wir heute leben. Weil die Welt komplexer geworden ist, brauchen wir gut geschulte Demokraten, die für bestimmte Grundwerte wie Gerechtigkeit und Solidarität einstehen.“

„Die Überforderung der Menschen wird ein immer größeres Problem“, bestätigte Wolfgang Schroeder, Inhaber des Lehrstuhls „Politisches System der BRD – Staatlichkeit im Wandel“ an der Universität Kassel, in seinem Festvortrag „Demokratie bilden mit Demokratiebildung“. Deshalb ginge es am Ende um Vertrauen und damit Orientierung. Vermittlung von Sachwissen biete Orientierung, erklärte Schroeder. Auch er ist überzeugt: „Demokratie ist erlernbar!“


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