Verlagerungen Zukunft von MAN Truck & Bus in Deutschland ist ungewiss

Vergabe und Verlagerung von Produkten nach Polen gefährdet bis zu 2000 Arbeitsplätze in München und 500 in Nürnberg.

Markus Wansch, Karina Schnur, Horst Ott und Sibylle Wankel geben eine Pressekonferenz zur Zukunft von MAN.

20. November 2025 20. November 2025


Die MAN Truck und Bus SE will die Karosseriefertigung für die nächste LKW-Generation entgegen bisheriger Zusagen für den Standort München an den Standort im polnischen Krakau vergeben. Der MAN-Truck der Zukunft wird auf einer gemeinsamen Plattform im Traton-Konzern mit der Bezeichnung „TMS“ (Traton Modular System) geplant und gebaut. Einen entsprechenden Beschluss soll jetzt der Aufsichtsrat im Rahmen der Investitionsplanung für die nächsten Jahre fassen. Zusammen mit weiteren Verlagerungsplänen rechnen die IG Metall und der Betriebsrat in der Folge langfristig mit dem Verlust von bis zu 2000 der zurzeit rund 7000 Arbeitsplätze am Stammwerk in München. Für den Standort Nürnberg rechnen IG Metall und Betriebsrat langfristig mit dem Verlust von weiteren 500 der aktuell rund 3000 Arbeitsplätze, weil auch dort keine Nachfolgeprodukte angesiedelt werden. „Diese Pläne des Konzerns gefährden auf lange Sicht die Existenz des Münchner Stammwerks. Die aktuellen Entscheidungen markieren den perspektivischen Abschied von MAN Truck & Bus aus Deutschland“, sagt Sibylle Wankel, 1. Bevollmächtigte der IG Metall München.

Das Unternehmen plant langfristig auch die Verlagerung der gesamten Fahrerhausinnenausstattung und Lackiererei von München nach Krakau. Hinzu kommen mehrere Verlagerungsprojekte für den indirekten Bereich. Wankel erläutert: „Wenn es nach dem Willen des Managements geht, werden in München spätestens ab 2032 nur noch wenige Fahrzeuge pro Tag montiert. Die Herzstücke der LKW-Produktion – Karosseriebau, Lackierung und Fahrerhausausstattung – wandern komplett nach Polen. Wenn künftig alle Teile für einen LKW in Polen gefertigt und von dort nur für die Montage nach München transportiert werden, liegt auf der Hand, dass irgendwann auch die Montage in München zur Disposition steht.“

Bayerns IG Metall-Bezirksleiter Horst Ott kritisiert das MAN-Management scharf: „Der Vorstand um CEO Vlaskamp bricht sein Wort und hält sich nicht an Zusagen aus gültigen Zukunftstarifverträgen und weiteren Vereinbarungen mit der IG Metall über Investitionen und neue Produkte an den deutschen Standorten. Stattdessen greift das Unternehmen in Deutschland Fördergelder für Forschung und Entwicklung ab und kassiert dann EU-Subventionen für Verlagerungen nach Polen.“

Hintergrund ist, dass bei MAN Truck & Bus mit dem Zukunftstarifvertrag von 2021 tiefe Einschnitte (Abbau von 2600 Arbeitsplätzen an den deutschen Standorten), aber auch verbindliche Zielbilder mit Zusagen für Produkte und Mindestbeschäftigtenzahlen an den Standorten vereinbart worden waren. Inzwischen hält sich das Unternehmen nicht mehr an diese Zusagen und hat zudem angekündigt, den Zukunftstarifvertrag zum Jahresende 2026 kündigen zu wollen, um weiter Personal abbauen zu können. Mit staatlichen Fördermitteln hat das Unternehmen das Werk in Nürnberg von der Motorenfertigung zum Batteriewerk umgebaut. In München gibt es Zusagen für staatliche Fördergelder für Modellprojekte zum autonomen Fahren. „Wenn MAN jetzt im großen Stile Produktion aus Deutschland wegverlagert, fragt man sich natürlich, wie wahrscheinlich es ist, dass die Produktion autonom fahrender LKW in Deutschland angesiedelt wird, wenn es so weit ist“, gibt Ott zu bedenken.

Karina Schnur, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der MAN Truck & Bus SE, kritisiert die mangelnde ernsthafte Verhandlungsbereitschaft des Unternehmens über Alternativen: „Ich bin entsetzt über das Verhalten des Unternehmens. Das Management war zu keinem Zeitpunkt bereit, ernsthaft über Alternativen zu den Verlagerungsplänen zu diskutieren. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die sich hier in München für ihre MAN tagtäglich mit voller Kraft einsetzen. Die gute Entwicklung des Unternehmens in den letzten Jahren ist maßgeblich der Arbeit und auch den Beiträgen der Beschäftigten zu verdanken. Die Umsatzrendite lag 2023 und 2024 jeweils über sieben Prozent. Doch das Management will acht Prozent und mehr und begründet damit seine Verlagerungspläne. Das macht die Beschäftigten hier fassungslos.“ Schnur erinnert an die Worte von Bundeskanzler Friedrich Merz, der beim Automobildialog in Berlin insbesondere Unternehmen aus der Automobilbranche an ihre Verantwortung für den Standort Deutschland erinnert hat: „Das hat auch unser CEO gehört.“

Hintergrund:

Die MAN Truck & Bus SE ist ein Hersteller von Nutzfahrzeugen und Bussen, der in Deutschland aktuell an vier Standorten (München, Nürnberg, Salzgitter und Wittlich) produziert und dort insgesamt rund 12.000 Menschen beschäftigt. Das Unternehmen, das in München gerade erst sein 70-jähriges Jubiläum gefeiert hat, gehört zum TRATON-Konzern, einem Joint Venture von Volkswagen und Scania. Wichtige Aufsichtsratsbeschlüsse der MAN Truck & Bus SE werden auch in den Aufsichtsräten der Traton SE und der Volkswagen AG behandelt.